angle-left Gesetz zur Förderung von Gemeindezusammenschlüssen

Gesetz zur Förderung von Gemeindezusammenschlüssen

Ab 2025 sollen die kantonalen Förderinstrumente Fusionen, die eine Zentrumsgemeinde einschliessen, verstärkt finanziell unterstützen. Im Vordergrund steht mit dem Zentrumsbonus ein neues finanzielles Förderinstrument. Damit wird ein finanzieller Anreiz für alle politischen Gemeinden geschaffen, sich an einem Zusammenschluss mit einer Zentrumsgemeinde zu beteiligen. Fusionen um oder mit Zentren werden dadurch gezielter als bisher gefördert. Weiterhin sollen aber auch andere Gemeindezusammenschlüsse von der finanziellen Basisunterstützung des Kantons sowie vom Beratungsangebot des Amtes für Gemeinden und Raumordnung (AGR) profitieren können. Das totalrevidierte Gesetz zur Förderung von Gemeindezusammenschlüssen (Gemeindefusionsgesetz) setzt damit unter anderem den Auftrag des Grossen Rates um, der eine gezielte Fusionsförderung weg vom Giesskannenprinzip fordert.

Als Orientierungshilfe zur Gesetzesvorlage hat das AGR zusammen mit den Gemeinden, den Regionen und den Regierungsstatthalterämtern zwischen Mai 2021 und August 2022 ein Zielbild mit möglichen Fusionsförderräumen erarbeitet. Dieses zeigt pro Verwaltungskreis auf, welche strategischen Fusionen mittel- und langfristig sinnvoll sind. Die Ergebnisse präsentieren sich sowohl innerhalb der Verwaltungskreise, als auch über den gesamten Kanton sehr heterogen. Die Lösungsansätze reichen von Status Quo, über kleinförmige Reformen bis hin zu grossräumigen Veränderungen. Das Zielbild zeigt unter anderem auch fusionsrelevante Zentren auf, welche vom neuen Instrument des Zentrumbonus profitieren könnten.

Ausgangslage

Der Regierungsrat will die Gemeindefusionspolitik mit dem Ziel von leistungsstarken und handlungsfähigen Gemeinden weiterentwickeln. Auf die Entwicklung der Gemeindelandschaft soll mit strategischen Gemeindefusionen gezielter und aus einer übergeordneten Gesamtsicht Einfluss genommen werden. Es gilt weiterhin die Prämisse der Freiwilligkeit. Der Geltungsbereich des GFG umfasst Fusionen von politischen Gemeinden wie auch Kirchgemeinden. Die Anzahl der politischen Gemeinden verringerte sich seit 2003 von 400 auf 337 im Jahr 2023. In diesem Zeitraum wurden im Kanton Bern insgesamt 45 Gemeindefusionen mit 108 involvierten politischen Gemeinden umgesetzt. Bei den Kirchgemeinden sind es seit 2000 zehn Zusammenschlüsse mit 25 beteiligten Kirchgemeinden.

Mit dem am 19. März 2015 vom Grossen Rat überwiesenen Postulat 177-2014 wurde der Regierungsrat beauftragt, aufzuzeigen, wie der Kanton Bern nach heutigen raumplanerischen und wirtschaftlichen Kriterien und Bedürfnissen mit weniger als 50 Gemeinden gegliedert und damit schlagkräftiger und ausgeglichener aufgestellt sein könnte. In seinem Bericht vom 14.02.2018 führte der Regierungsrat aus, dass radikale Ansätze zur Neustrukturierung der bernischen Gemeindelandschaft nicht zielführend und eine, gemäss Postulat anzustrebende Reduktion auf maximal 50 Gemeinden nicht realistisch seien. Er präsentierte jedoch ein „Denkmodell“, welches den räumlichen Rahmen definierte, innerhalb dessen Gemeindezusammenschlüsse zukünftig erfolgen sollten.

Der nun vorliegende Gesetzesentwurf ist klar strukturiert und vereint die aus dem heutigen GFG stammenden Bestimmungen zu Finanzhilfen und Zuschüssen (für Kirchgemeinden) sowie die aus dem FILAG stammenden Bestimmungen zu projektbezogenen Zuschüssen für zusammenlegungswillige Gemeinden zu Abklärungs- und Fusionsbeiträgen sowie Zentrumsboni. Dies führt auch zu einer Anpassung des Gesetzes über den Finanz- und Lastenausgleich (FILAG). Damit soll die finanzielle Unterstützung von freiwilligen Gemeindefusionen im Hinblick auf die angestrebte Neuausrichtung der Fusionsstrategie optimiert werden. Zusammenschlüsse kleinerer Gemeinen werden tendenziell weniger, solche zu Gemeindeverbänden mit Zentrumscharakter stärker finanziell unterstützt als mit dem bisherigen Regime. Die Abklärungsbeiträge werden generell gesenkt. Die finanziellen Auswirkungen der Änderungen sind nicht abschätzbar, personelle und organisatorische Auswirkungen sowie solche auf die Gemeinden und die Volkswirtschaft werden keine erwartet.

Stellungnahme

Grundsätzlich ist die vermehrt auf einer strategischen Übersicht basierte und verstärkte Förderung von Gemeindefusionen zu begrüssen. Allerdings ergeben Gemeindefusionen nur dann Sinn, wenn dadurch Vereinfachungen von Strukturen, effizientere Gestaltung von Abläufen, Nutzungen von Synergien und finanzielle Einsparungen realisiert werden. Nur so werden die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und für alle Teile der Bevölkerung verbessert. Garantiert ein sogenannt «strategisches Zielbild» von Gemeinde-Clustern solches nicht, ist es nutzlos. Die Grösse von Zentrumsgemeinden ist für bessere Möglichkeiten der Wirtschaftsförderung kein Garant, wie das Beispiel der Stadt Bern zeigt, wo Wirtschaft und Gewerbe durch den behördlich forcierten Wohnungsbau verdrängt werden. Sodann erwirken diffuse Wünsche nach mehr Schlagkraft, grössere Bedeutung oder verbesserte Entwicklungsmöglichkeiten ohne damit verbundene finanzielle Erleichterungen oder grössere Leistungsfähigkeit bei gleichbleibenden Kosten keinen Mehrwert und keinen handfesten Vorteil. Ohne solche «echten» Fusionsgewinne ergibt es keinen Sinn, Fusionen zu fördern, so wie das Beispiel des ersten Wurfs des Projekts «Kooperation Bern-Ostermundigen» gezeigt hat. Hier bleibt das revidierte GFG leider völlig mutlos. Im aktuell geltenden GFG wurde als Wirkungsziel noch verlangt, dass die Leistungsfähigkeit der zusammengeschlossenen Gemeinden zu steigern sind, in der neuen Version ist diese nur noch sicherzustellen. Dies würde ausreichen, wenn in Bst. c des Artikels 2 GFG anstelle von «Unterstützung der wirksamen und kostengünstigen Aufgabenerfüllung der Gemeinden» wenigstens eine «kostengünstigere» Aufgabenerfüllung gefordert würde. Das Ziel der effizienteren Gestaltung von Abläufen, der Nutzungen von Synergien und von finanziellen Einsparungen durch einen Gemeindezusammenschluss sollte als Voraussetzung der finanziellen Unterstützung durch den Kanton gelten. Sodann sollte die Unterstützung mindestens die möglichen Kosteneinsparungen durch einen Gemeindezusammenschluss auf Seite des Kantons umfassen und nicht irgendwelche, doch als recht willkürlich festgelegt anmutende Maxima.

Wie mit der Motion Wandfluh M 136-2022 vom 14.06.2022 richtigerweise festgestellt wurde, orientiert sich der Widerstand gegen Fusionen oftmals nicht an den sachlichen Fragen der Gemeindeleistungen und Aufgaben, sondern viel mehr an emotionalen Fragen der Identität und Eigenständigkeit. «Die gemeinsame Aufgabenerfüllung ist kein emotionaler Prozess, sondern ein sachlicher. Über einen Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit kann eine Fusion als letzter Schritt eine logische Folge sein und letztlich ein Nachvollzug der gelebten Realität darstellen. Die kantonalen Bestrebungen und Anreize sind daher stärker auf die Förderung der interkommunalen Zusammenarbeit auszurichten. Freiwillige Fusionen sind weiterhin im bestehenden Rahmen zu unterstützen.» Die in der Motion dargelegten Feststellungen umschreiben einerseits das oben gesagte, andererseits den Umstand, dass eine Gemeinde aus Ressourcengründen (oft personeller Art, besonders in Gemeinden mit Milizstrukturen) eine Aufgabe nicht mehr selbst zu erledigen vermag. Im zweiten Fall sind die interkantonale Zusammenarbeit oder eine freiwillige Fusion die primären Lösungsansätze. Daher ist auch die Forderung nach kantonaler Unterstützung in diesen Fällen sachgerecht.

Fazit

Grundsätzlich ist die vermehrt auf einer strategischen Übersicht basierte und verstärkte Förderung von Gemeindefusionen zu begrüssen. Allerdings soll der Kanton nur Gemeindefusionen unterstützen, welche effizientere Gestaltung von Abläufen, Nutzungen von Synergien und von finanziellen Einsparungen mit sich bringen, was in der strategischen Übersicht berücksichtigt und im GFG als Voraussetzung für die Unterstützung gefordert sein muss oder die Fusion kommt aufgrund einer Zwangssituation bei den betroffenen Gemeinden zu Stande.

 

Stellungnahme Berner KMU an die Direktion für Inneres und Justiz des Kantons Bern

» lesen